2023 werden weltweit über 450 Millionen Tonnen Plastikmüll verursacht - Tendenz weiter steigend. Ausgedientes Plastik belastet den Menschen aber mittlerweile derart, dass Lösungen gefunden werden müssen, um die immense Plastikflut einzudämmen. Einen zukunftsweisende Lösungsansatz genau dazu liefert nun die Firma Lober GmbH, einer der größten Abfallentsorger in der Region. Davon konnte sich eine stattliche Besuchergruppe der Akademie Ostbayern-Böhmen bei einem Firmenbesuch am 06.11.2023 überzeugen, der perfekt zum Akademie-Jahresthema „Ressourcen nachhaltig nutzen – innovative Wege in Ostbayern und Böhmen“ passte.
Text: Hans-Peter Weiß
Fotos: Hans-Peter Weiß und Johann Fischer
Mit dem Forschungsprojekt „Circular Packaging“ wurde bei Lober ein lösungsmittelbasiertes
Recyclingverfahren für bisher nicht recycelbare Verbundkunststoffe entwickelt. Dr. Matthias
Wilhelm, der verantwortliche Neunburger Ingenieur erläuterte die Prototypanlage, die in
Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer Institut entstanden war, und erklärte deren Wirkungsweise.
Dabei können Kunststoffe aus dem grauen (gelben) Sack, nachdem sie sortiert und gehäckselt wurden, durch geeignete Lösemittel gezielt aus den Mehrschicht-Verpackungsfolien herausgelöst werden. So entsteht eine flüssige Kunststofflösung, die sich nun relativ einfach von unerwünschten Rückständen wie Lebensmittelresten, Verschmutzungen oder Etiketten reinigen lässt. In einem geschlossenen Kreislauf wird anschließend das Lösemittel vom Kunststoff abgetrennt und im Kreislauf wieder zurückgeführt. „Übrig bleibt ein hochreines, recyceltes Kunststoffgranulat, das nahezu Eigenschaften eines Neu-Kunststoffes aufweist und für die Herstellung neuer Verpackungsfolien zur Anwendung kommt“, betonte der Recyclingfachmann.
Tatsache ist nämlich, dass in Europa von 29,5 Mio. t gesammelten Kunststoffverpackungsabfall im Jahr 2022 nur 10,2 Mio. Tonnen tatsächlich dem Recycling zugeführt wurden, wovon nach Abzug von Prozess-Verlusten nur 5,5 Mio. t nach Aufbereitung wieder im Supermarkt landet. Übrigens werden im Landkreis Schwandorf jährlich rund 3000 Tonnen aus dem Recyclingsack umgeschlagen. Der Rest wird zur Energiegewinnung verbrannt bzw. deponiert und dadurch dem Kunststoffkreislauf entzogen.
Um das EU-Recyclingziel von 55% im Jahr 2030 zu erreichen, seien daher neue kreative Ansätze und Verfahren wie das „CreaSolv-Verfahren“ nötig, da mit konventionellen Technologien kein nennenswerter Effekt mehr erzielbar ist. Mit der Anlage in Neunburg können z.B. 80 % des heute nicht rezyklierbaren Verpackungsabfalls in hochreiner Form wiedergewonnen werden. Der rezyklierte Kunststoff weist einen Reinheitsgrad von über 99 % auf und kann damit in Neuverpackungen mit einem Anteil von mehr als 50 % eingesetzt werden. Gegenüber Neukunststoffen benötigen die nach diesem Verfahren wiederverwerteten Kunststoffe 40-60% weniger Energie, sind also ökologisch doppelt wirksam. Dabei sind nach Einschätzungen der Entwickler die Möglichkeiten des Verfahrens noch lange nicht ausgeschöpft. So sehen die Projektpartner gute Chancen, das CreaSolv®-Löseverfahren auch für weitere Abfallsorten einzusetzen, deren werkstoffliches Recycling nach heutigem Stand nicht möglich ist.
Ermutigt durch die vielversprechenden Ergebnisse und durch die sehr professionelle, inspirierende Zusammenarbeit der Projektpartner, planen die Firmenchefs Lober mit den Forschungs- und Anlagenbaupartnern ein Investment in eine vollindustrielle Prototypenanlage, an der ein nachhaltig wirtschaftlicher Betrieb realisiert wird. Sie sind zuversichtlich, dass das Löseverfahren auch für weitere Abfallsorten einsetzbar ist.
Bei der anschließenden regen Diskussionsrunde wurden vor allem die Preisprobleme diskutiert. „Eine Plastiksteuer auf Neuware, zwar in der EU eingeführt, wird aber in Deutschland nicht umgesetzt“, bedauert Unternehmensleiter Lober. Solange jedoch Neu-Kunststoff zu einem Preis von 90 ct pro kg billiger ist als recycelter Kunststoff, entscheidet letztendlich der Gesetzgeber und jeder einzelne Konsument, ob Berge von Kunststoffabfällen noch höher in den Himmel wachsen. „Recycling beginnt eben nicht erst beim Entsorger“, konstatierte der Recyclingfachmann Matthias Wilhelm.