Mobilität futuristisch und nostalgisch
Akademie Ostbayern-Böhmen testet Magnetschwebebahn und treidelt auf dem Ludwig-Donau-Main-Kanal
Ein außergewöhnliches mobilitätstechnisches Kontrastprogramm bot am 26.07.2024 die Akademie Ostbayern-Böhmen (AOB) anlässlich ihres Jahresprogramms „Mobilität“. Eine Exkursion führte zunächst nach Sengenthal bei Neumarkt zur Firma Transport Systeme Bögl und im Anschluss zum Treideln auf dem historischen Ludwig-Donau-Main-Kanal. Das international tätige Unternehmen Bögl betreibt hier neben der Fertigung von Großwindkraftanlagen eine Versuchsstrecke für eine Magnetschwebebahn. Fünfzig Teilnehmende, angeführt vom Akademie-Vorsitzenden Josef Schönhammer, durften an einer exklusiven Testfahrt teilnehmen. Erstmals leitete die Fahrt die neue
AOB-Projektkoordinatorin Sonja Prüll, die ihren Vorgänger Hans Fischer ablöst. (Text, Fotos und Video: Hans-Peter Weiß)
In der riesigen Wartungshalle auf dem Bögl-Gelände erläuterte Produktmanager Felix Niebler das Projekt Magnetschwebebahn, das bereits seit Jahren in China erfolgreich läuft. „In Asien, wo man für neue Systeme aufgeschlossener ist, baute Bögl bereits 1000 Kilometer Strecke mit dem System feste Fahrbahn, einer besonderen Bauart von Schienen für Hochgeschwindigkeitszüge. In Chengdu wurde sogar ein Geschwindigkeitsrekord aufgestellt“, betonte Niebler. Die großen Metropolen stehen vor großen Herausforderungen, für deren Lösungen man innovative, nachhaltige und flexible Mobilitätskonzepte benötigt.
„Wir, die Transport System Bögl, sind weltweit der einzige Hersteller, der Fahrweg und Fahrzeuge komplett baut“, unterstreicht der Produktmanager und führt als großes Plus geringe Betriebskosten, eine effiziente Projektabwicklung als auch schlüsselfertige Lösungen ins Feld. Während 70 Prozent der Kosten für die Infrastruktur aufgewendet werden müssen, stehen jeweils 15 Prozent für die Betriebsleittechnik und das Fahrzeug selbst auf der Ausgabenseite. Der fahrerlose und verschleißfreie Betrieb ist nachhaltig, flexibel und zuverlässig. Dies macht das
Magnetschwebebahnsystem, das in erster Linie für die Anwendung im Nahverkehr gedacht ist, zu einer zuverlässigen und emissionsarmen Form der Personen und Güterbeförderung.
Von der „Mobilität der Zukunft“ konnten sich schließlich die Teilnehmer bei einer Testfahrt auf der etwa 800 m langen aufgeständerten Strecke überzeugen. Ohne Vibrationen, berührungslos und fast lautlos setzt sich die Bahn in Bewegung. Bei einem Zwischenstopp auf halber Strecke empfinden die Fahrgäste den zur Teststrecke parallel verlaufenden Straßenverkehrs als laut. Mit einer Geschwindigkeit von lediglich 80 km/h, die sich im Wagen wesentlich schneller anfühlten, ging es
zurück zum „Bahnhof“ an der Wartungshalle.
Einen Zeitensprung in Sachen Mobilität erlebte dann die Besuchergruppe beim Treideln. Nach einer deftigen Brotzeit in der ‚Kutscher Alm‘ in Pollanten wurde Mühlhausen angesteuert, wo sich die
einzige noch in Betrieb befindliche Schleuse des Ludwig-Donau-Main-Kanals befindet. Hier warteten bereits der Kahn „Alma Viktoria“ und Martin Deflorin mit seinem Pferd „Leila“ auf ihre Gäste.
Rund 60 Treidel-Fahrten, die mittlerweile zum Immateriellen Kulturerbe erklärt wurden, werden alljährlich auf dem deutschlandweit einzigartigen alten Kanalstück durchgeführt. Einst wurden hier Flöße und
Frachtschiffe, beladen mit allerlei Gütern, getreidelt, also vom Ufer aus mit Pferden gezogen und so durch 100 Schleusen 243 Meter hoch über die Wasserscheide gehoben. „Das ist und war keine Plackerei für die Pferde, eher ein gemütlicher Spaziergang auf dem Treidelweg“, beruhigt Deflorin. Beschaulich zog die Landschaft an dem gemächlich dahingleitenden Treidelschiff vorbei. Zeit und Gelegenheit zum Nachdenken und zum Vergleich von Zeiten und deren Mobilitätsmöglichkeiten: hier ein mit hohem technischen Aufwand und viel Energie betriebenes Verkehrsmittel, dort eine Art des Transports mit einfacher Technik, emissionsfrei, nur ‚1PS‘, nur eben etwas langsamer.